Begleit- und Gesellschaftshunde: Die bessere Wahl für ein erfülltes Zusammenleben
- Thomas Hauser
- vor 4 Tagen
- 4 Min. Lesezeit

Die Faszination der Gebrauchshunde
Wer kennt sie nicht, die Bilder: Ein Malinois, der mit atemberaubender Geschwindigkeit Hindernisse überwindet und mit unerschütterlicher Nervenstärke komplexe Aufgaben meistert. Ein Border Collie, der mit wenigen Blicken eine ganze Schafherde dirigiert. Ein Husky, der mit scheinbar unerschöpflicher Energie einen Schlitten durch Schnee und Eis zieht.
Es sind Bilder, die uns beeindrucken – und das zu Recht. Die physischen und psychischen Fähigkeiten dieser Hunde sind atemberaubend. Sie sind Hochleistungssportler, Spezialisten, durch und durch auf Arbeit und Funktionalität gezüchtet.
Doch die entscheidende Frage lautet:
👉 Möchtest du das wirklich?
👉 Kannst du diese Bedürfnisse Tag für Tag, über die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre hinweg erfüllen?
👉 Hast du die Zeit, die Erfahrung und die Energie, um einem solchen Hund das zu geben, wofür er gezüchtet wurde?
Die ehrliche Antwort wird in den meisten Fällen NEIN lauten.
Wenn die Realität auf die Zuchtgeschichte trifft

Viele Menschen unterschätzen, wie tief diese Eigenschaften durch jahrhundertelange Selektion im Wesen dieser Hunde verankert sind.
Ein Malinois will arbeiten, und zwar täglich und hochintensiv. Ohne diese Arbeit entwickelt er schnell problematisches Verhalten – von Nervosität über Aggression bis hin zu Selbstzerstörung.
Ein Husky ist gemacht, um Distanzen von dutzenden Kilometern zurückzulegen. Zwei Spaziergänge um den Block befriedigen ihn nicht – er wird frustriert.
Ein Border Collie braucht das, wofür er gezüchtet wurde: das Hüten. Ersatzbeschäftigungen helfen, können aber niemals den ursprünglichen Trieb vollständig ausgleichen.
Die Liste ließe sich fortsetzen: Jagdhunde, Terrier, Schutzhunde – sie alle tragen in sich genetische Pakete, die sich nicht einfach „wegtrainieren“ lassen. Wer glaubt, allein mit Liebe und ein paar Leckerli diese Bedürfnisse kompensieren zu können, irrt gewaltig.
Vorsicht, Falle: Showlinien

Es ist eine weit verbreitete, aber falsche Annahme, dass Gebrauchshunde aus sogenannten Showlinien automatisch weniger Anforderungen an ihre Menschen stellen.
Hunde aus Showlinien wurden nicht im Hinblick auf ihre Fähigkeiten oder ihr Verhalten, sondern praktisch ausschließlich im Hinblick auf ihr Erscheinungsbild gezüchtet. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie die ursprünglichen Anlagen der Rasse verloren haben. Ein Labrador Retriever aus einer Showlinie mag äußerlich etwas anders wirken, z. B. einen weicheren Kopf oder kürzere Beine haben – aber sein Bewegungsdrang, seine Intelligenz und sein Bedürfnis nach Beschäftigung sind nach wie vor vorhanden.
Wer also glaubt, mit einer Showlinie weniger Verantwortung zu übernehmen, läuft in die Falle: Die Bedürfnisse des Hundes sind nach wie vor vorhanden. Nur weil ein Hund ein bisschen anders aussieht, heißt das nicht, dass er weniger Energie, Intelligenz oder Arbeitsdrang besitzt.
Nicht jeder kleine Hund ist ein Begleithund
Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Annahme, dass kleine Hunde automatisch pflegeleicht und damit ideale Familien- oder Stadthunde seien. Die Größe sagt jedoch nichts über die inneren Bedürfnisse eines Hundes aus.
Jack Russell Terrier / Parson Russel Terrier: Klein, kompakt – aber gezüchtet für die Baujagd. Er trägt einen riesigen Bewegungsdrang und eine gehörige Portion Jagdtrieb in sich, dazu kommt noch sein Mut und seine Tapferkeit. Unterfordert, entwickelt er schnell Verhaltensprobleme.
Parson Russel Terrier HONEY. Stammgast in meiner Hundeherberge Dackel (Teckel): Ebenfalls klein, aber ursprünglich ein mutiger Baujäger. Sein starkes Selbstbewusstsein und Jagdtrieb können im Alltag große Herausforderungen sein.
Ein harter Knochen: Rauhaardackel
Andersherum gibt es auch größere Hunde, die hervorragende Begleiter sind:
Großpudel: Trotz seiner stattlichen Größe ein typischer Begleithund – intelligent, anpassungsfähig, menschenbezogen und vielseitig einsetzbar.
Ein Gentleman: Großpudel Französische Bulldogge oder Mops (in gesunden Zuchtlinien): Mittelgroß, aber durch ihre freundliche, ruhige Art sehr gut im Alltag zu halten.
Das zeigt: Nicht die Körpergröße, sondern die Zuchtgeschichte entscheidet, ob sich ein Hund wirklich zum Begleit- und Familienhund eignet.
Die Ausnahme: Gesellschafts- und Begleithunde
Im Unterschied zu fast allen anderen Rassen wurden Gesellschafts- und Begleithunde nicht für harte Arbeit oder extreme Leistungen gezüchtet, sondern mit einem einzigen Ziel: dem Menschen nahe zu sein.
Ihre wichtigste „Arbeit“ besteht darin, uns Gesellschaft zu leisten, Nähe zu suchen und Freude zu schenken. Natürlich brauchen auch sie Bewegung, Spiel und Grenzen – doch sie fordern keine stundenlange Hochleistungsbeschäftigung, keine Schafherde und keinen Schlitten.
Diese Hunde bilden die FCI-Gruppe 9 – Begleit- und Gesellschaftshunde. Ihre Zuchtgeschichte macht sie zu idealen Partnern für den Alltag mit Menschen, die keinen Hochleistungshund auslasten können.
Warum sie so gut in unser Leben passen
Die meisten Menschen heute leben nicht mehr auf Höfen, in Jagdrevieren oder als Hundesportler mit viel Freizeit. Wir leben in Wohnungen, arbeiten Vollzeit, haben Familie, Freunde, Hobbys. Ein Hund, der täglich mehrere Stunden Arbeit fordert, passt da schlicht nicht hinein.
Ein Begleit- oder Gesellschaftshund dagegen passt sich an:
Er begleitet dich ins Büro, auf Reisen oder zu Freunden.
Er ist glücklich, wenn er bei dir sein darf.
Er fordert dich, ohne dich zu überfordern.
Beliebte Begleit- und Gesellschaftshunde
Zum Schluss ein Blick auf einige Rassen, die sich seit Jahrhunderten bewährt haben – nicht als Gebrauchshunde, sondern als Partner im Alltag:
Pudel (Zwergpudel bis Großpudel/Standardpudel): Blitzgescheit, gelehrig und vielseitig. Vom Sofa bis zum Hundesport überall dabei, ohne übermäßige Ansprüche.
Bichon Frisé, Havaneser, Malteser, Coton de Tuléar: Kleine, robuste und fröhliche Hunde, die sich perfekt in Familien oder auch Single-Haushalte einfügen.

Chihuahua: Winzig, aber mit großem Charakter. Stark auf seine Bezugsperson fixiert, dabei überraschend robust.
Mops und Französische Bulldogge: Charmant, menschenfreundlich und verspielt. Wichtig: Achte auf gesunde Zuchten mit freier Nase (z. B. Sportmops), um die Qualzuchtproblematik zu vermeiden.
Bologneser: Ruhig, anhänglich und anpassungsfähig. Ideal für Menschen, die einen eher gemütlichen, aber dennoch lebendigen Begleiter suchen.
Shih Tzu: Freundlich, sanft und kontaktfreudig. Genießt das Zusammenleben mit Menschen und ist pflegeleicht, wenn Fellpflege berücksichtigt wird.
Petit Chien Lion („Kleiner Löwe“): Selten, aber charmanter Begleiter. Intelligent, aufmerksam und sehr menschenorientiert.
Kontinentaler Zwergspaniel (Papillion und Phalene) Klein, elegant und lebhaft. Intelligent und verspielt, aber gut an den Alltag anzupassen.

Zwergspitz / Pomeranian: Klein, lebendig, wachsam – ein treuer Begleiter, der wenig Auslastung benötigt, aber viel Nähe sucht.
Mein Appell an zukünftige Hundehalter:
Wenn du mit dem Gedanken spielst, dir einen Hund anzuschaffen, dann frage dich ehrlich:
👉 Habe ich wirklich die Zeit und die Fähigkeiten, einen Hochleistungsgebrauchshund artgerecht auszulasten?
👉 Oder suche ich in Wahrheit einen treuen Begleiter, der mich im Alltag begleitet und mein Leben bereichert?
Entscheide dich im Zweifel für die zweite Option. Denn ein Hund, der dafür gezüchtet wurde, dich zu begleiten, ist auch einer, der wirklich zu dir passt. Und damit machst du nicht nur dich glücklich – sondern auch deinen zukünftigen Gefährten.
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