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Magazin: Blog2
AutorenbildThomas Hauser

Body-Talk: Beschwichtigungssignale

Vielleicht haben Sie einmal Gelegenheit, einen neugeborenen Hund hochzuheben. Bevor Sie das tun, machen Sie ein möglichst weises Gesicht und sagen Sie: „Jetzt wird er gleich gähnen!“.

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der kleine Racker das tatsächlich tut, tendiert bei Welpen, welch die Augen noch nicht geöffnet haben, zu 100%. Sie können sich nun vor hoffentlich anwesenden Zeugen in ihrem Hundeverstand sonnen! Warum aber macht der Welpe das? Der kleine Knirps versucht, Sie zu beschwichtigen. Dass es sich um ein angeborenes und kein erlerntes Verhalten handelt, liegt auf der Hand. Der Hand übrigens, die der Welpe wahrscheinlich gerade bepinkelt hat. Das macht er in der Hoffnung, dass Sie sich nun schnüffelnderweise mit seinem Pipi anstatt mit ihm befassen werden. Auch dieses Verhalten gehört zu den Beschwichtigungssignalen.

Setzen auch adulte Hund Beschwichtigungssignale ein und warum tun sie das?

Ja, Hunde tun das ständig in der Kommunikation sowohl mit Artgenossen, als auch mit Menschen und weiteren Haustieren. Früher wurden solche Signale als „passive Unterwerfung“ angesehen, was teilweise auch immer noch so publiziert wird. Das kann zwar sein, die Wahrheit ist aber, wie so oft, etwas komplizierter. Ein gewisses Maß an Beschwichtigungssignalen gehört in der Hundekommunikation einfach zur Höflichkeit. Ein Hund, der mit einem anderen Hund friedlichen Kontakt aufnehmen möchte, weil er beispielsweise mit ihm spielen möchte, ist gut beraten, sich diesem Hund nicht in gerader Linie, sondern in einem Bogen zu nähern. Im Anschluss daran wird der gut sozialisierte Hund von Welt es vermeiden, sich seinem Gegenüber frontal zu präsentieren. Dieses Verhalten wird auch von einem großem, selbstsicherem Hund gegenüber einem unsicherem, kleinem Tier an den Tag gelegt werden. Das Beschwichtigungsverhalten ist in diesem Fall also keineswegs als „passive Demutsgeste“ zu interpretieren. Das ist nur ein Conversation Starter, sonst nichts.


Was sind „Calming Signals“?

Beschwichtigungssignale auf Englisch. Klingt wichtiger, meint dasselbe.


Welche Beschwichtigunssignale kann man bei erwachsenen Hunden beobachten?


Gähnen

tritt sehr häufig auf, wenn sich der Hund in einem inneren Konflikt befindet und wird oft irrtümlich als Langeweile oder Desinteresse gedeutet.

Abwenden des Kopfes

ist auch Teil der menschlichen Körpersprache und könnte von angehenden Hundeverstehern leicht gedeutet werden, wenn es nicht oft sehr schnell geschehen würde. Die gesteigerte Version dieser Geste ist das abwenden des ganzen Körpers. Bei diesem Beschwichtigungssignal wird der


Blick gesenkt,

ohne dabei etwas bestimmtes zu fixieren. Der Hund kombiniert diese Geste häufig mit einem anderen Beschwichtigungssignal, dem

Blinzeln.

Wenn Sie ein fremder Hund also anblinzelt, ist das alleine noch kein Zeichen seiner Sympathie, der der Schlumpi will einfach guten Wind machen.

Schmatzen und über die Nase lecken

wird ebenfalls häufig in dieser Situation gezeigt. Von vielen Menschen wird ein Erstkontakt mit einem Hund durch ähnliche schmatzende oder zungenschnalzende Geräusche angebahnt.

Schnüffeln auf dem Boden

Natürlich schnüffeln Hunde ständig herum. Wenn ein Hund aber im Angesicht eines sich nähernden Artgenossen plötzlich eine unscheinbare Stelle besonders schnüffelnswert findet, können Sie von einer Beschwichtigungsgeste ausgehen. Anheben einer Vorderpfote

Es handelt sich um eine auch isoliert gezeigte Vorstufe der nächsten Bschwichtigungsgeste, dem Auf den Rücken rollen.

Dabei hat man es mit einer passiven Unterwerfungsgeste zu tun. Dies ist ein Punkt, der von „Alphatier Fetischisten“ häufig missverstanden wird. Der Hund dreht sich, wenn, dann freiwillig auf den Rücken. Dreht man den Hund mit Zwang auf den Rücken, hat man damit zweierlei unter Beweis gestellt: man ist ein „Alphatier“, und man ist als solches unsicher bis vollkommen inkompetent. Lassen Sie die Finger davon! Erstens sind aversive Methoden nach dem österreichischen Tierschutzgesetz zu vermeiden, zweitens ist das selten nötig und drittens sollten Sie das sehr, sehr erfahrenen Hundetrainern überlassen, die wissen, was sie tun und diese, beschönigend als „Alpharolle“ bezeichnete Aktion nach Möglichkeit vermeiden. In einem Bogen annähern

sollte man sich einem fremden Hund, wenn es denn sein muss, immer. Wie schon erörtert, ist diese Form der Annäherung ein Gebot der Hundehöflichkeit. Bei unkundigen Haltern kann dieser Bogen nach einem wiederholtem Rückruf in stringentem Ton leicht als mangelnder Gehorsam interpretiert werden, dabei will der Hund nur gute Stimmung machen. Der Annäherung im Bogen geht häufig Klein und flach machen

voraus. Siehe, ich tu dir nix, tu du mir auch nichts. Dabei wird der andere Hund nicht angestarrt und der Vorderkörper meist stärker abgesenkt, als das Hinterteil. In weiterer Folge wird sich der Hund eventuell auch hinsetzen oder hinlegen. Ein Verhalten, das direkt in die Aufforderung zum Spiel übergehen kann, leider aber auch in eine handfeste Keilerei. Erstarren

Der Hund wartet ab, wie sich die Dinge entwickeln. Als Vorstufe dazu können Sehr langsame Bewegungen

gedeutet werden. Es sieht aus, wie eine Zeitlupenaufnahme. Man muss ein geübter Beobachter sein, der Hund zeigt dieses Verhalten oft nur einen kurzen Augenblick lang. Kratzen

Ähnlich wie das Schnüffeln kann man darin eine Übersprungshandlung sehen, die dem anderen Hund aber auch signalisiert, dass man gerade wichtigeres zu tun hat. Splitten

ist ein Verhalten, das sehr häufig in Hundefreilaufzonen zu beobachten ist. Wenn zwei Hunde beginnen, agonistisches Verhalten zu zeigen, findet sich ein Friedensstifter, der die beiden trennt, indem er mit seinem Körper dazwischen geht. Labrador Retriever zeigen dieses Verhalten übrigens mit großer Regelmäßigkeit.

Diese Sammlung an Beschwichtigungsgesten ist bei weitem nicht vollständig, es handelt sich aber um häufige Gesten, die auch von ungeübten Beobachtern wahrgenommen werden können. All diesen Gesten ist gemein, dass sie im Zusammenhang mit der Situation gesehen werden müssen. Der Hund hebt vielleicht die Pfote, weil er Pointergene hat, er gähnt vielleicht nur, weil er hundemüde ist und er blinzelt Sie vielleicht deshalb an, weil er gelernt hat, dass dieses Verhalten von Menschen als charmant bewertet wird. Beobachten Sie Ihren und andere Hunde. Ihre Fähigkeiten, die Körpersprache eines Hundes zu lesen, werden sich immer weiter verbessern bis Sie sich schließlich mit Fug und Recht als Hundeversteher bezeichnen dürfen.


Wie schnell diese Signale unter Umständen abgespult werden, sehen Sie in diesem Video des erstklassigen Hundetrainers Gerd Köhler:


Wenn sie Zweifel an einem von Ihrem Hund gezeigten Verhalten haben, registrieren Sie sich auf meiner Seite und laden Sie ein Video hoch, ich helfe ihnen gerne bei der Deutung.

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